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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 01.08.2006
Aktenzeichen: 6 Sa 362/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 27 Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein

Urteil

Im Namen des Volkes

Aktenzeichen: 6 Sa 362/05

Verkündet am 01.08.2006

In dem Rechtsstreit

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 01.08.2006 durch die Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts W... als Vorsitzende und die ehrenamtlichen Richter F...und P... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 19.5.2005 - 4 Ca 76 a/05 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Frage, ob der Kläger Weihnachtsgeld für das Jahr 2004 in Höhe von EUR 1.135,35 von der Beklagten verlangen kann.

Der Kläger war bei der Beklagten in der Zeit vom 17.12.1990 bis zum 28.2.2005 als Maschinenbediener beschäftigt. Die Vergütung betrug zuletzt 2.270,70 EUR brutto monatlich. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund fristgemäßer Kündigung der Beklagten aus krankheitsbedingten Gründen.

In § 2 des Arbeitsvertrags ist zum Weihnachtsgeld folgende Regelung enthalten:

"4. Ohne sich zu verpflichten, zahlt die Firma ein zusätzliches Urlaubsgeld und ein zusätzliches Weihnachtsgeld von je 50 % des vereinbarten Stundenlohnes x 162,5 Stunden. Diese Regelung tritt erst nach 6-monatiger Zugehörigkeit in Kraft.

5. Bei einer Betriebszugehörigkeit von weniger als einem Jahr erfolgt die Zahlung anteilig. Der Betrag ist zurückzuzahlen, wenn der Arbeitnehmer früher als 3 Monate nach der Zahlung durch eigene Kündigung oder durch fristlose Entlassung ausscheidet."

Am 29.9.2004 fand eine Betriebsversammlung statt, an der der Kläger nicht teilnahm. Die Beklagte teilte den erschienenen Mitarbeitern mit, dass sie für Jahr 2004 Weihnachts- und Urlaubsgeld nicht zahlen werde. Es wurden Verzichtserklärungen unterzeichnet. Im Nachgang zur Betriebsversammlung kam es zu einem Telefonat zwischen dem Kläger und der Personalreferentin F... . Dem Kläger wurde erklärt, dass die Beklagte weder dem Kläger noch den anderen Mitarbeitern ein Weihnachtsgeld zahlen werde.

Mit seiner am 13.5.2005 erhobenen Klage hat der Kläger Zahlung des Weihnachtsgeldes für 2004 verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte schulde auch für dieses Jahr das Weihnachtsgeld. Die Regelung im Arbeitsvertrag habe nicht den Zweck gehabt, eine künftige Bindung der Beklagten, die 13 Jahre lang geleistet habe, zu verhindern. Zudem sei nicht geregelt, unter welchen Umständen sich die Beklagte eine Nichtgewährung vorbehalten wolle. Zumindest hätte die Beklagte darauf hinweisen müssen, dass sie von dem Freiwilligkeitsvorbehalt nur nach billigem Ermessen Gebrauch machen wolle. Jedenfalls sei der Vorbehalt nach § 27 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam. Die Personalreferentin habe allenfalls konkludent einen Widerruf erklärt. Aber auch hierzu sei sie nicht befugt gewesen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.135,35 EUR brutto nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 01.12.2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten der Arbeitsvertrag sehe lediglich eine freiwillige Leistung der Beklagten vor. Ein Widerruf liege jedenfalls darin, dass sie nicht gezahlt habe. Über die angespannte wirtschaftliche Situation habe sie in der Informationsveranstaltung vom 29.9.2004 ausführlich berichtet. Sie habe auch mitgeteilt, dass sie deshalb nicht in der Lage sei, das Weihnachtsgeld für 2004 zu zahlen. Jedenfalls sei im Telefonat vom 29.9.2004 einen Widerruf der freiwilligen Leistung erklärt.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 19.5.2005, auf das hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird, die Klage abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger rechtzeitig Berufung eingelegt und diese begründet.

Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Weiter trägt er vor, die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass sie einen Freiwilligkeitsvorbehalt erklärt habe, denn die vertragliche Regelung sei mehrdeutig. Die Beklagte sei selbst von der Notwendigkeit eines Widerrufs ausgegangen, da sie sich Verzichtserklärungen habe unterzeichnen lassen. Auch sei zu erwägen, ob nicht auf Grund der langjährigen Leistung auch ein Anspruch aus betrieblicher Übung entstanden sei. Er, der Kläger, habe jedenfalls auf den Bestand des Weihnachtsgeldes vertrauen können.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und nach den in der letzten Verhandlung erster Instanz gestellten Anträgen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt weiter vor, sei habe keinesfalls vorbehaltlos über 13 Jahre die Leistung erbracht. Vielmehr habe sie bereits im Arbeitsvertrag ausdrücklich einen Vorbehalt erklärt. Ein Widerruf sei daher nicht notwendig gewesen. Sie habe bereits erstinstanzlich vorgetragen, dass sie mit ihren Arbeitnehmern unterschiedliche Arbeitsverträge abgeschlossen habe. Um den Arbeitnehmern die wirtschaftliche Notwendigkeit, die Weihnachtsgeldzahlung ausfallen zu lassen, zu erläutern, habe sie die Betriebsversammlung durchgeführt. In den Fällen, in denen wegen der Vertragsgestaltung ein Widerruf notwendig gewesen sei, sei sie an die Arbeitnehmer herangetreten. Beim Kläger sei das aber nicht erforderlich gewesen. Zu beachten sei auch, dass zwischen freiwilligen und widerruflichen Leistungen zu unterscheiden sei. Hier habe eine freiwillige Leistung vorgelegen. Eine ergänzende Begründung für die Nichtleistung müsse sie daher nicht abgeben. Auf eine betriebliche Übung könne der Kläger sich nicht berufen, da er von Anfang an gewusst habe, dass die Sonderzahlung jederzeit ersatzlos entfallen könne.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze mit Anlagen und Erklärungen zu Protokoll, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat nicht Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat zutreffend die Klage abgewiesen, da dem Kläger ein Anspruch auf das Weihnachtsgeld für 2004 nicht zusteht. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführlichen Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:

Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, hat die Beklagte im Arbeitsvertrag deutlich gemacht, dass sie die Sonderzahlungen Urlaubs- und Weihnachtsgeld erbringe, ohne sich hierzu rechtlich verpflichten zu wollen. Sie wollte sich vielmehr die Frage, ob sie die Leistung erbringe, offen lassen und keinen Anspruch hierauf entstehen lassen. Insoweit ist der Arbeitsvertrag eindeutig formuliert. Eine Auslegung des Arbeitsvertrages ist nicht notwendig. Die Formulierung ist auch so klar gefasst, dass Missverständnisse hierüber nicht aufkommen können. Schon deshalb kann von einer Unklarheit nicht die Rede sein.

Wie das Arbeitsgericht ausgeführt hat, handelt es sich um einen Freiwilligkeitsvorbehalt in dem Sinne, dass kein Rechtsanspruch besteht, solange noch nicht gezahlt worden ist, und dass die Leistung jederzeit ohne besondere Erklärung eingestellt werden kann.

Da ein Widerruf der Leistung nicht erforderlich ist, kann auch nicht gefordert werden, dass im Arbeitsvertrag genannt wird, unter welchen Voraussetzungen ein solcher ausgeübt werden darf. Zwar ist dem Kläger zuzustimmen, dass ein Widerrufsvorbehalt in einem Formulararbeitsvertrag nach 3 308 Nr. 4 nicht ohne Weiteres wirksam ist. Vielmehr muss eindeutig sein, aus welchen Gründen widerrufen werden kann. Allerdings gilt für Formulararbeitsverträge, die vor dem 1.1.2002 abgeschlossen worden sind, dass, wenn das geforderte Mindestmaß einer Konkretisierung der Widerrufsgründe fehlt, die entstandene Lücke im Vertrag durch eine ergänzende Vertragsauslegung geschlossen werden kann. Anderenfalls würde rückwirkend unverhältnismäßig in die Privatautonomie eingegriffen. Dabei liegt nahe, dass die Parteien des Arbeitsvertrages bei Kenntnis der neuen gesetzlichen Anforderungen eine Widerrufsmöglichkeit zumindest bei wirtschaftlichen Verlusten des Arbeitgebers vorgesehen hätten (BAG Urteil vom 12.1.2005 - 5 AZR 364/04 - NZA 2005,465 = BB 2005,833). Daher wäre auch hier, wenn die Vertragsklausel als Widerrufsvorbehalt zu verstehen wäre, was indes nicht der Fall ist, auch ein Widerruf zulässig.

Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist eine unangemessene Benachteiligung des Klägers nicht gegeben. Er konnte angesichts der eindeutigen vertraglichen Regelung nicht auf den Bestand vertrauen. Denn die Beklagte hatte sich nicht, auch nicht durch 13jährige Leistung, verpflichtet. Immerhin hat der Kläger ja über 13 Jahre eine Leistung, zu der die Beklagte sich ausdrücklich nicht verpflichtet hatte, erhalten, war also günstiger als nach dem Arbeitsvertrag behandelt worden.

Der Kläger kann sich auch nicht auf das von ihm herangezogene Urteil des LAG Brandenburg (9 Sa 141/05) berufen, denn der dort entschiedene Fall betraf eine andere vertragliche Formulierung. Vorliegend ist eine Verpflichtung nicht begründet worden.

Die Berufung ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.



Ende der Entscheidung

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